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Von der Kinderintensivstation ins Cockpit: Johann-Baptist Kleber ist Arzt und FO bei Condor

Hinter den Kulissen // Condor Redaktion // 17. August 2022

Die Begeisterung für das Fliegen machte sich bei Baptist Kleber bereits sehr früh bemerkbar. „Mein Vater war beruflich viel unterwegs und hat mich oft mitgenommen. So war ich schon als kleiner Junge fasziniert vom Pilotenberuf“, erzählt er. Seit Februar 2019 ist Baptist bei Condor tätig und inzwischen als First Officer Teil der A320-Familie. Obwohl es Liebe auf den ersten Blick war, verschlug es Baptist nach der Schule nicht sofort ins Cockpit, sondern in die Klinik, denn er ist auch Facharzt für Kinderheilkunde, Neonatologie und pädiatrische Intensivmedizin.

„Ich habe Medizin in Kiel studiert, das erschien mir damals als der richtige Weg. Ganz losgelassen hat mich die Fliegerei aber nicht, sodass ich während des Studiums meinen Segelflugschein gemacht habe. Über die Intensivmedizin bin ich dann auch 2011 bei der DRF Luftrettung gelandet, wo ich oft Frühgeborene oder schwerkranke Patienten auf Rückholtransporten aus dem Ausland begleitet habe“, so Baptist.

Die DRF Luftrettung ist Teil des deutschen Rettungsdienstes und führt Notfallrettungen, Transporte von Intensivpatienten und weltweite Patiententransporte durch. Baptist erzählt: „Ich erinnere mich an einen Fall, bei dem wir einen verletzten Österreicher aus Afrika zurückgeholt haben. Die einzige Information, die wir hatten, war die, dass der Mann von einem Kran gestürzt war. Mehr wussten wir nicht und mussten trotzdem auf alles vorbereitet sein“. Während seiner Tätigkeit bei der DRF stellten seine Kolleginnen und Kollegen immer wieder fest, dass Baptist auffällig oft in der Cockpittür stand, was die Frage aufwarf, warum er eigentlich nicht selbst fliegt?

Gesagt, getan: Baptist beginnt 2012 mit seiner Ausbildung zum Verkehrspiloten, um im Anschluss beim DRF zu fliegen. Als die jedoch keine weiteren Piloten mehr einstellen, braucht er einen Plan B, denn eins stand fest: Im Cockpit hat Baptist seine Berufung gefunden: „Ich liebe das „über den Wolken“-Gefühl, von Naturgewalten umgeben zu sein und mit Technik zu arbeiten, die es uns erlaubt eben diesen Naturgewalten zu begegnen“.

Start bei Condor

2014 bewirbt Baptist sich bei Condor. Eine Einladung zum Auswahlverfahren ergab sich jedoch erst vier Jahre später. Zu dem Zeitpunkt ist er als Oberarzt in einem Mannheimer Krankenhaus tätig. „Als ich zum Auswahlverfahren eingeladen wurde war aber sofort klar, ich werde es auf jeden Fall versuchen – ein Jahr später erhielt ich die Zusage. Diesen Schritt habe ich nie bereut, ganz im Gegenteil“, sagt Baptist.

So ganz wurde der Kittel jedoch nie gegen die Uniform getauscht, denn Baptist ist weiterhin als Arzt tätig. Zu Corona-Hochzeiten half er in Kliniken und Impfzentren aus und an den Wochenenden übernimmt er regelmäßig Schichten in Krankenhäusern in der Frankfurter Gegend. Er lebt mit seiner Familie in Heidelberg. Über den Wolken schlüpft Baptist dann auch mal von der einen in die andere Rolle. Wenn es auf einem Flug zu einem medizinischen Notfall kommt, den die dahingehend geschulte Crew nicht eigenständig bewältigen kann, ist es Teil der regulären Verfahren medizinisches Personal auszurufen. „Sollte sich ein ausgebildeter Arzt in so einem Fall nicht melden, kann das unter Umständen als unterlassene Hilfeleistung gewertet werden – mal abgesehen von der moralischen Verpflichtung. Es gibt also durchaus Situationen an Bord, in denen ich während des Fluges als Arzt angesprochen werde. Natürlich versuche ich zu helfen. Das gilt aber natürlich nicht, wenn ich in meiner Position als Pilot in dem Moment nicht helfen kann“, so Baptist. „Wenn ein Notfall an Bord passiert, kläre ich als allererstes, ob ich in dem Moment das Cockpit verlassen kann. So habe ich schon einen allergischen Schock an Bord behandelt, der nach 15 Minuten abgeklungen war oder ernstere Fälle, bei denen der Passagier reanimiert und dann schnellstmöglich ins nächste Krankenhaus musste. Das war in zweierlei Hinsicht -medizinisch und fliegerisch- eine herausfordernde Situation. Wenn ich das Cockpit nicht verlassen kann, muss jemand anderes helfen, denn an Bord bin ich in erster Linie Pilot“, erklärt er weiter.

In jedem Flugzeug befinden sich Medikamente und ein First Aid Kit, mit dem eine Erstversorgung bis zur Landung gewährleistet werden kann. Außerdem gibt es über den Dienstleister Medaire einen Telefonservice, der während des gesamten Fluges für alle medizinischen Fragen zur Verfügung steht. Eine rechtliche Absicherung für Crews ist bei Condor durch eine entsprechende Versicherung gewährleistet.

Pilot und Arzt, zwei Berufe, in denen Teamwork unerlässlich ist und doch erlebt Baptist, dass der Begriff sehr unterschiedlich gelebt wird.

„Ob im Cockpit oder im Krankenhaus, allein geht es nicht. Bei Condor habe ich von Anfang an flache Hierarchien erlebt, jeder kann sich frei äußern. In der Medizin spielt der „Rang“ oftmals eine größere Rolle, was ich sehr schade finde. Der jüngste Assistenzarzt kann die rettende Idee haben, wird aber unter Umständen nicht angehört. Vielleicht liegt es daran, dass wir uns in der Luft der gegenseitigen Verantwortung stärker bewusst sind und wissen, dass sie für uns persönlich unmittelbar überlebenswichtig ist. Ich finde, das sollte sich auch in der Medizin verstärkt durchsetzen – und am besten schon in der Ausbildung gelehrt werden“. Und er wirft weitere Aspekte auf, in denen die Luftfahrt ein Vorbild für die Medizin sein müsste:

„Jemand der Medizin studieren möchte, muss immer noch ein Einser-Abitur haben, wozu? Die Noten sagen nicht automatisch aus, dass dieser Mensch auch eine ausgeprägte Sozialkompetenz hat. Auch ein Pilot muss Abitur haben, nur wird die Note weniger gewichtet. Ein gewisses Grundverständnis bestimmter Fächer sollte vorhanden sein, aber ob jemand geeignet ist oder nicht, wird sich ohnehin in der weiteren Ausbildung zeigen. Ich fände es gut, wenn man den Ausbildungsweg angefangen beim Auswahlverfahren der Mediziner überdenkt und da kann sich die Medizin von der Luftfahrt eine Scheibe abschneiden,“ meint Baptist.

Neben vielen Unterschieden gibt es aber auch Gemeinsamkeiten, sagt Baptist: „Der Arbeitsalltag als Arzt und der als Pilot ist immer heiß oder kalt, es gibt kein lauwarm, kein dazwischen. Ich habe in beiden Bereichen intensive Erfahrungen gemacht, die ich nicht missen möchte“.

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